Ärzte Fragen Ärzte
Das interdisziplinäre Interview
Dr. Kilbertus:
Liebe Frau Dr. Bang/4ert, beim interdisziplinären Expertenmeeting wurden unter anderem Aspekte im Patientenmanagement unter Therapie mit Upadacitinib diskutiert. Wenn man die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfasst, interessiert mich als Dermatologe daher besonders wie screene ich auf Tuberkulose vor einer Behandlung mit Upadacitinib.
Dr. Bangert:
Hallo Herr Dr. Kilbertus, vielen Dank, dass ich heute hier sein darf. Ich kann auch gleich diese erste Frage beantworten. Die Tuberkulose ist in Österreich mittlerweile nicht mehr so häufig wie früher. 2020 wurden nur noch wenige neue Erkrankungen registriert. Prinzipiell muss man sagen, die Erkrankung hat wahrscheinlich eine hohe Dunkelziffer und ist natürlich auch häufiger bei Personen, die aus den Endemiegebieten stammen. Vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie sollte man auf jeden Fall für Tuberkulose screenen. Und das betrifft nicht nur die Januskinase-Inhibitoren, sondern es betrifft alle immunsuppressiven Medikamente, die die T-Zell-Immunität beeinflussen. B Zell Antikörper zum Beispiel hier spielt das Tuberkulose Screening keine so große Rolle, aber Medikamente, die die T-Zell-Immunität beeinflussen, sind Januskinaseinhibitoren, aber auch TNF-Alpha-Inhibitoren oder aber auch zum Beispiel Cyclosporin und sogar das Cortison. Selbst eine Dosis von 10 Milligramm Cortison pro Tag kann schon eine erhöhte Rate an Tuberkulose Reaktivierungen hervorrufen. Dementsprechend sollten wir also unsere Patienten sehr gut screenen, bevor wir eine Therapie mit Januskinaseinhibitoren oder ähnlichen Immunsuppressiv-Medikamenten beginnen. Und wie machen wir das am besten? Jeder von uns kennt den Quantiferon Test. Das ist ein Interferon Gamma Release Assay. Der hat eine relativ hohe Sensitivität und auch Spezifität liegt so bei 90 % und der sollte bei jedem Patienten vor der Therapie mit einem Immunsuppressivum auf jeden Fall durchgeführt werden. Bei älteren Patienten oder stark Immunsuppressierten Patienten oder immunsupprevierten Patienten würde ich empfehlen auch eine Bildgebung durchzuführen, zum Beispiel für ein Lungenröntgen, einfach um zu sehen, dass hier keine aktive oder latente Tuberkulose bereits vorliegt. Wenn der Patient tatsächlich eine aktive Tuberkulose hat, dann stellen wir ihn dem Internisten vor. Wir beginnen nicht die Therapie mit dem Immunsuppressivem Medikament, nicht mit dem Januskinase-Inhibitor, nicht mit dem Biologikum. Und der Patient sollte wirklich eingehend untersucht und therapiert werden. Finden wir eine latente Tuberkulose ohne Zeichen einer Aktivität, dann können wir durchaus begleitend eine Therapie einleiten. Und zwar mit Isoniazid 300 Milligramm einmal täglich für neun Monate. Das kann begleitend zum Januskinaseinhibitor gegeben werden. Das habe ich selbst auch schon gemacht bei Patienten. Es funktioniert sehr gut, es ist sogar besser verträglich als das Rifambicin.
Es gibt weniger Hepatotoxizitätsfälle. Und wir haben hier auch keine Wechselwirkungen mit dem Cytochro P 450. Also Isoniazid ist tatsächlich hier das Medikament der Wahl.
Dr. Kilbertus:
Wie gehe ich mit Impfungen vor oder während der Therapie mit Upadacitinib um?
Dr. Bangert:
Vor einer Impfung, vor einer Vakzinierung sollte auf jeden Fall die Therapie mit einem Januskinaseinhibitor pausiert werden und zwar am Tag vor der Impfung. Und dann empfehle ich eigentlich auch 5 bis 7 Tage nach der Erstimpfung. Prinzipiell gibt es Daten dazu, die zeigen, dass die Immunantwort auf eine Aktivierung mit einem Januskinaseinhibitor oder auch mit einem anderen immunsuppressiven Medikament, wie zum Beispiel den MTX deutlich schwächer ist als bei Gesunden. Es entsteht zwar eine ausreichend hohe Impfantwort bei einem hohen Prozentsatz der Patienten bei 90 bis 95 %, aber die Antikörperbildung der IGG Bildung ist einfach deutlich abgeschwächt. Das ist sogar noch extremer, wenn die Patienten eine Kombinationstherapie einnehmen zwischen einem Januskinaseinhibitor und MTX. Hier kommt es zu einem einer Immunantwort, die wirklich nur 1/3 so hoch ist wie bei einem Medikament alleine. Das heißt, hier sollte der Patient eine Kombinationstherapie haben. Auf jeden Fall den Januskinaseinhibitor pausieren, weil der hat die deutlich kürzere Halbwertszeit. Bei einer Auffrischungsimpfung ist das nicht notwendig. Hier kann weiter therapiert werden mit dem Januskinaseinhibitor. Hier müssen wir nur einen Booster erreichen und das geht auch unter Therapie.
Dr. Kilbertus:
Wie gehen Sie bei geplanten oder ungeplanten Operationen vor?
Dr. Bangert:
Vor Operationen halten wir es eigentlich ähnlich wie vor Impfungen. Hier sollte der Patient einfach am Vortag und am Tag der Operation die Januskinase Therapie pausieren.
Dr. Kilbertus:
Was mache ich bei einer Infektion während der Upadacitinib Therapie?
Dr. Bangert:
Das hängt ganz vom Schweregrad und vom Ausmaß der Infektion ab. Hat der Patient eine Sepsis oder muss sogar hospitalisiert werden, dann sollte das Medikament auf jeden Fall pausiert werden, bis der Patient sich stabilisiert hat und sozusagen die Infektion weitestgehend abgeklungen ist. Ist der Patient zu Hause und hat eine leichte Erkältung, dann kann das Upadacitinib durchaus weitergegeben werden. Entwickelt der Patient hohes Fieber, dann empfehle ich auf jeden Fall auch die Therapie zu pausieren, bis das Fieber abgeklungen ist und der Patient sich wieder besser fühlt.
Dr. Kilbertus:
Wie verhalte ich mich, wenn Akne während der Therapie mit Upadacitinib auftritt?
Dr. Bangert:
Akne ist eine Nebenwirkung unter der Therapie mit Upadacitinib. Betrifft circa 9 % der Patienten in den Studien, die 15 Milligramm eingenommen haben und bis 15 % der Patienten je 30 Milligramm eingenommen haben. Das sind vor allem Patienten, junge Patienten, so 15, 20 bis 40 Jahre alt. Es sind vor allem Frauen und das sind Patienten, die in der Geschichte auch schon selber entweder eine Akne hatten oder bei denen in der Familie eine Akne vorgelegen hat. Es ist ganz wichtig zu sagen, dass die Akne in den allermeisten Fällen mild verläuft und eine topische Therapie, so wie wir es bei anderen Akne Patienten verordnen, völlig ausreichend ist, um die Akne zu behandeln. Meistens ist es auch so, dass die Akne nur einmalig auftritt. Wir behandeln sie, sie klingt ab und es ist keine weitere Therapie notwendig. Auf keinen Fall muss man den Januskinaseinhibitor pausieren, wenn der Patient eine Akne entwickelt. Die meisten Patienten sind auch nicht sehr gestört durch die Entwicklung dieser Akne. Das muss man auch ganz klar sagen. Bei schweren Formen und das ist aber wirklich relativ selten, kann man auch erwägen, zusätzlich ein Retinoid systemisch zu geben, so wie wir das bei den anderen Patienten üblicherweise auch durchführen.
Dr. Kilbertus:
Januskinaseinhibitoren gehen bekanntermaßen mit einem erhöhten Risiko für Herper Zoster einher. Gibt es spezifische Tipps, die Sie behandelnden Ärztinnen in diesem Kontext geben können.
Dr. Bangert:
Dezente? Daten zeigen, dass Patienten mit atopischer Dermatitis eine höhere Inzidenzrate für Herper Zoster haben, auch ohne Therapie. Wir wissen auch unter der Therapie mit Januskinaseinhibitoren kommt es leichter zu Herper Zoster Erkrankungen eigentlich ganz unabhängig vom Januskinaseinhibitor. Bei Upadacitinib ist die Inzidenzrate für 15 Milligramm bei 2,5 circa in den Langzeitdaten bei 100 Patientenjahre und für 30 Milligramm liegt sie bei 4,3. Ich würde persönlich raten jeden Patienten ab 18 Jahren unter einer Therapie mit einem Januskinaseinhibitor der Herper Zoster Impfung zuzuführen. Üblicherweise wird diese Therapie auch bewilligt von den Chefärzten, einfach da der Patient doch ein Stück weit immunsuppressiert behandelt wird.
Dr. Kilbertus:
Wie lange soll man nach einer durchgemachten Herper-Zoster-Infektion mit dem Wiederbeginn mit Upadacitinib warten?
Dr. Bangert:
Wichtig ist natürlich, dass der Herper Zoster adäquat therapiert wird. Mit Vanacyclovir? dreimal pro Tag. In dem Moment, wo man sieht, dass die Therapie greift, dass keine neuen Bläschen kommen, die Schmerzen stabil sind oder am Abklingen sind, kann die Januskinase-Therapie wieder begonnen werden. Im frühesten Fall würde ich sagen nach fünf Tagen.
Dr. Kilbertus:
Liebe Frau Dr. Bangert, vielen Dank für die Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse aus dem Expertenmeeting.
Dr. Bangert:
Vielen Dank Herr Dr. Kilbertus, gern geschehen.